Building Information Modeling (BIM) hat sich im Hochbau,
im Straßenbau und in vielen Bereichen der Infrastrukturplanung
etabliert. Eine Lücke gibt es wegen
der hochkomplexen Geometrie bislang beim Tunnelbau.
Die Salzburger Ingenieurunternehmung Geoconsult
hat jedoch frühzeitig auf die Anforderungen der
Bauherren reagiert und die Ausbildung „BIM Ready“
von MuM gestartet. Auch wenn die CAD-Lösungen
noch nicht zu 100% mitziehen – der Aufwand hat sich
gelohnt.
Tunnel verkürzen Wege. Sie schaffen Verbindungen zwischen
Tälern und Staaten. Und sie gehören zu den besonders
komplexen Bauwerken. Die Herausforderungen beginnen
nicht erst, wenn man merkt, dass der Berg gerade dort, wo
die Trasse verlaufen soll, porös oder feucht ist. Schon die
Geometrie stellt auch moderne 3D-CAD-Systeme vor gewaltige
Herausforderungen: Krümmungen in allen drei Achsen
sind möglich – häufig über eine Länge von vielen Kilometern.
Bislang hat sich noch kein Softwarehaus die Mühe gemacht,
für die wenigen tausend Tunnelplaner weltweit eine Applikation
zu entwickeln, die eine detaillierte Planung und vor
allem eine Abbildung als BIM-Modell inkl. der umgebenden
Geologie erlaubt.
Granit oder Sand? – Die Bodenbeschaffenheit beeinflusst
die Kosten im Tunnelbau. BIM kann helfen, Alternativen
zu prüfen
Nur kritische Stellen modellieren
Die Ingenieure bei Geoconsult kennen diese Probleme in und
auswendig. „Wir modellieren die Stellen, an denen es
‚kritisch‘ wird, z. B. Lüftungsschächte und Verbindungen
zwischen den Tunnelröhren, detailliert mit unserem CAD.
Für die vielen Tunnelkilometer, in denen quasi nichts los ist,
gibt es grobe Angaben zu den Verläufen“, erklärt Ingenieur
Thomas Flandera, CAD-Administrator und IT-Fachmann bei
Geoconsult. Materialverbrauch, Anzahl der Beleuchtungskörper,
Verkehrsschilder, Notrufsäulen usw. konnten bislang
anhand dieser Grobplanung hinreichend genau ermittelt
werden.
BIM wäre praktisch
Immer mehr Bauherren erkennen heute die Vorteile von BIM und
fordern in ihren Ausschreibungen digitale Modelle, um schon im
Vorfeld des Baus besser zu kommunizieren und das Lifecycle-
Management effektiver zu betreiben. Die Deutsche Bahn hat festgeschrieben,
dass ab 2020 alle Bauprojekte mit BIM realisiert werden
müssen. Damit ist das Ende der groben Planung eingeläutet.
Auch die Planer erkennen die Vorteile: Visualisierungen können
Bürgerbedenken zerstreuen, bevor Proteste entstehen, dank frühzeitiger
präziser Kostenschätzung entfallen böse Überraschungen
für die Staats- und Landeskassen, und möglicherweise lässt sich
der Planungsprozess gar verkürzen. Am interessantesten für die
Ingenieure ist jedoch die Möglichkeit, mehrere alternative Trassenführungen
aufgrund von geologischen Untersuchungen zu planen
und Kosten-Nutzen-Vergleiche anzustellen.
Für alle Fachbereiche
Für die Ingenieure bei Geoconsult ist BIM natürlich nicht nur im
Tunnelbau attraktiv. Das Unternehmen, das seit 1973 am internationalen
Markt tätig ist und heute rund 350 Mitarbeiter beschäftigt,
befasst sich mit Hoch- und Tiefbau, Boden- und Felsmechanik,
Geologie, Bergbau, Verkehrswegen, Wasser und Umwelt. Dabei
werden alle Entwicklungsschritte von Ingenieurprojekten – von
ersten Studien über sämtliche Planungsphasen bis hin zu baubegleitenden
Leistungen – bearbeitet.
Die Verantwortlichen hatten das Thema BIM seit längerem verfolgt
und sich Basiswissen angelesen. „Uns war klar: Angelesenes
genügt nicht, wenn ein Auftraggeber fordert, dass wir einen BIM-Koordinator
in einem Projekt einsetzen“, erinnert sich Thomas
Flandera. Was ein BIM-Koordinator können muss, ist durch die
Organisation buildingSMART festgelegt; ein BIM-Koordinator muss
nicht nur ein Zertifikat vorweisen, sondern vor allem wissen, was
er tut. Kurz: Eine sorgfältige BIM-Ausbildung ist für Geoconsult
strategisch wichtig.
Das Licht am Ende eines kilometerlangen Straßentunnels sieht man erst spät. Beim Einstieg in BIM sieht man es relativ schnell:
Wer die komplexen Grundlagen beherrscht, profitiert bald von den Vorteilen.
Ausbildung mit Zertifikat
Beim IPDC Kongress in Innsbruck gab es den ersten Kontakt zu
MuM – ein Softwareanbieter, der eine BIM-Ausbildung durchführt,
die zu großen Teilen unabhängig von einer konkreten Software ist.
Dass es drei Ausbildungsgänge – BIM-Konstrukteur, BIM-Koordinator
und BIM-Manager – gibt, leuchtete ein. Und dass die Ausbildung
den „Segen“ von buildingSMART hatte, überzeugte erst
recht. „Dazu kam, dass wir gerade eine konkrete Anfrage hatten“,
erinnert sich Thomas Flandera. „Bis Ende Oktober sollten wir ein
Angebot für ein Projekt abgeben, bei dem explizit ein BIM-Koordinator
gefordert war.“
Schnelligkeit war also gefragt, und das Team von MuM war schnell:
Im September begannen drei Mitarbeiter aus der Zentrale in Salzburg
und zwei Mitarbeiter der Schwesterfirma Geodata die Ausbildung.
An zwei Tagen wurden die theoretischen Grundlagen vermittelt;
an drei Ausbildungstagen im Oktober bearbeiteten die
Teilnehmer anhand eines konkreten Projekts die Aufgaben eines
Koordinators. Rechtzeitig zur Angebotsabgabe lagen die Zertifikate
der neuen BIM-Koordinatoren vor.
BIM-Konstrukteur, BIM-Koordinator, BIM-Manager: BIM Ready ist eine
Ausbildung von MuM, die auf die verschiedenen Aufgaben und Rollen
im BIM-Prozess zugeschnitten ist.
Verflixt komplex
Ist es überhaupt sinnvoll, eine BIM-Ausbildung zu besuchen, wenn
noch gar nicht klar ist, wann man das Gelernte erstmals in die
Praxis umsetzen kann? Thomas Flandera bejaht diese Frage entschieden.
„Einerseits sind wir durch die Kundenanfragen laufend
im Thema. Durch unser Wissen werden wir zum kompetenten Diskussionspartner
auch für große Auftraggeber wie die DB oder die
ÖBB, die natürlich ihre Prozesse selbst definieren. Außerdem war
der Kurs so aufgebaut, dass viel hängengeblieben ist“, erzählt er.
Im ersten Kursmodul wurden theoretische Grundlagen erarbeitet:
Einordnung der Methode, Erklärung von Begrifflichkeiten, Rollen,
Tools, die Verschiebung der Leistungsphasen, rechtliche Fragen
und vieles mehr. Auch die Teilnehmer, die sich im Vorfeld schon
intensiv mit BIM beschäftigt hatten, erkannten: Das Thema ist
deutlich komplexer, als man auf den ersten Blick meint.
Prozesse am echten Beispiel nachspielen
Im zweiten, dreitägigen Modul haben die Teilnehmer einen Prüfprozess
Schritt für Schritt abgearbeitet. Die künftigen BIM-Koordinatoren
haben also nicht nur gelernt, was ihre Aufgaben im
BIM-Prozess sind, sondern konnten jede Aufgabe in der Praxis
durchführen. Es sei den Kursleitern gelungen, die fünf Teilnehmer,
die aus verschiedenen Bereichen des Unternehmens kamen und
sehr unterschiedliche Aufgaben hatten, so abzuholen, dass alle
gut gemeinsam arbeiteten und jeder für sich das Maximum herausholen
konnte.
Partnerschaft mit Zukunft
„Wir haben uns für MuM entschieden, weil wir die Möglichkeit der
Zertifizierung gesehen haben und wussten, dass das Unternehmen
in der Branche gut vernetzt ist“, sagt Thomas Flandera. Die
Schulungen haben unsere Entscheidung bestätigt: „Menschlich
und inhaltlich“ waren die Teilnehmer sehr zufrieden. Mittlerweile
haben auch zwei Mitarbeiter den Kurs zum BIM-Manager absolviert,
sukzessive werden weitere Mitarbeiter geschult. Die Verantwortlichen
sind überzeugt: „Wir sind auf einem guten Weg und
gehen davon aus, dass wir diese Zusammenarbeit noch lange
fortsetzen werden.“
Thomas Flandera, Robert Kühleitner (beide BIM-Koordinatoren),
Harald Golser (Eigentümer Geoconsult),
Gernot Jedlitschka (GF Geoconsult – beide BIM-Manager), v.l.n.r.,
sind startklar für die BIM-Anforderungen ihrer Kunden.